Die Männergrippe mitzuerleben, ist für mich wie meine geliebten Blumen leiden zu sehen - nur etwas amüsanter.

Männergrippe – wenn zarte Pflanzen leiden

Die Männergrippe. Für mich ist es ja das Schlimmste mit anzusehen, wie meine geliebten Blümlein leiden. Unter Wetterbedingungen, am falschen Standort oder bei Schädlingsbefall. Sofort werde ich aktiv um zu tüddeln und zu päppeln. Aber was, wenn es den engsten Familienkreis trifft? Reichen die heilenden Kräfte des Kräutergartens?

Viel Freude mit meiner Kolumne und Alles Liebe,
Eure Svea

„Die weiße Rotzfahne schwenken und unbedingt überleben“

Männergrippe: Unterlassene Hilfeleistung kann im Todesfall mit langer Gefängnisstrafe geahndet werden. Frauen leben hier auf ganz dünnem Eis! Sie haben aber auch die Chance als Heldin aus der Sache rauszukommen. – Wie die schlimmste Krankheit der Welt Männer und Frauen vereinen kann.

Männer haben es wirklich nicht leicht. Sie sollen stark auftreten, in den Arm nehmen, Raketen im Bett sein. Sie sollen aber auch mal weinen und Gefühle zeigen. Natürlich Sport treiben, gut aussehen und noch besser verdienen. Sich handwerklich geschickt anstellen, Kisten schleppen können, aber auch bereit sein in Elternzeit zu gehen. Und ein weiteres Damokles Schwert schwebt über ihnen: Sie sind von einer Krankheit bedroht, die nur sie allein in ihrer ganzen unerbittlichen Härte treffen kann: Der gemeingefährlichen Männergrippe. Einer Seuche, die den männlichen Körper und Geist an den Rand des Erträglichen bringt. Und zudem durch einen besonderen Teil des Gehirns verstärkt wird, den Frauen einfach nicht haben und das Ganze deswegen niemals nachvollziehen werden: Dem vorderen Jammerlappen. Ja, den gibt es! Die wissenschaftliche Bestätigung seiner Existenz ist nur noch eine Frage der Zeit. Und die Forschung ist auf dem richtigen Weg.

Denn dass Männer und Frauen durch die geschlechtsspezifischen Hormone Östrogen und Testosteron unterschiedlich auf Medikamente reagieren ist längst kein Geheimnis mehr. Endlich haben Forscher der Johns Hopkins University in Baltimore (Maryland) die richtigen Fragen gestellt und bestätigt, dass sich dieser Umstand eben auch auf die Schwere der Grippe auswirkt. „Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Zugabe von Östrogen verringerte die Viruslast signifikant – aber nur in weiblichen Zellen. Bei männlichen Proben hingegen war durch Zugabe von Östrogen kein Effekt festzustellen. In den Zellen fanden sich deutlich mehr Viren als in denen der weiblichen Spender. Offenbar müssten Männer bei einer Infektion mit dem Grippevirus mit einer höheren Aktivität der Viren leben, schlussfolgerten die Forscher. Ein natürlicher Östrogen-Schutz funktioniert bei ihnen demnach nicht.“ (Dr. Kerstin Neumann) Aha! Männer trifft es hier also tatsächlich härter. Die Wissenschaft hat es bewiesen. Punkt. Ab sofort darf mit Attest gejammert werden!

In Krisenzeiten lernt man sich erst richtig kennen

Wir müssen an dieser Stelle aber einen Schritt weitergehen und weitere wichtige Fragen aufwerfen. Die Viren scheinen nämlich nicht nur zahlreicher und aktiver zu sein, sondern auch derart im Körper der Männer zu wüten, dass es zu einer regelrechten Wesensveränderung kommt. Wie kann es sonst sein, dass ein für gewöhnlich aufmerksamer Mann, der seiner Frau jede Woche frische Blumen mitbringt und der ihren Föhn nicht nur repariert sondern auch minuziös reinigt bevor er ihn zurück in die Badschublade legt (ja, so Männer gibt es in echt), unter dieser heimtückischen Krankheit zu einem nörgelnden Scheusal wird?

Als ich kürzlich im besagten Akutfall vorsichtig nachfragte ob mein Gatte denn seine Angelegenheiten geregelt hätte, da ich quasi stündlich damit rechne Witwe zu werden, erlebte ich Eskalationsstufe fünf des Gemeckers. Ein Nörgelgewitter, das seinesgleichen sucht. Ich sehe natürlich ein, dass ich im Angesicht des drohenden Todes gefrevelt habe. Denn selbstverständlich war mein unangebrachter Humor der Auslöser dafür, dass er sich so scheußlich aufregen musste und ich sowieso an allem schuld. Große Irritation meinerseits. Ein friedliebender Mann, der sonst einen ausgeglichenen Mönch in sich zu tragen scheint, mutiert vorübergehend zur Giftspritze. Zwei Seelen, äh Monster-Viren, schlagen ach in meiner Brust? Ist das ein Fall von Kinder, Betrunkene, Leggins und Kranke Männer sagen immer die Wahrheit?

Das wäre natürlich fatal. Müsste man doch den Umstand akzeptieren, dass diese gemeine Seite tatsächlich im geliebten Gatten existiert und im gesunden Zustand nur unterdrückt wird. Oder ist es mehr wie die Besitzergreifung durch einen Dämon, der dann durch den Erkrankten spricht? Das wäre in jedem Fall besser. So kann man doch wenigstens einen Männergrippe-Exorzismus praktizieren und bekommt seinen Liebling in Kürze zurück. Wenn auch mit einigen Mühen. Nun gesellt sich ausgerechnet an diesem Punkt eine weitere Tücke dazu: Nur Frauen können diesen Exorzismus durchführen! Natürlich muss der Darniederliegende auch viel Flüssigkeit zu sich nehmen, um sich selbst Linderung zu verschaffen. Ob Tee, Bier oder Wodka mit Grapefruit (Obst wegen der Vitamine) ist dabei nebensächlich.

Aber nichts wirkt besser als die liebevolle Fürsorge der Frau, um den Mann von seinem Elend zu erlösen. Und nun der alles entscheidende Knackpunkt: Ist die Herzdame auch bereit diese Mühen der Pflege auf sich zu nehmen? Was geschieht aber, wenn die Frau nur mit einem kühlen Lächeln auf sein Jammern und Flehen reagiert? Angeblich zittern Männer ja nicht wegen des Fiebers, sondern wegen der Eiseskälte ihrer Frauen die ihnen in der akuten Situation entgegen schlägt! Die Frauen scheinen also in jedem Fall einen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf der Genesung zu haben.

Männergrippe als Partnerinnen-Check

Also zäumen wir das kranke Pferd einmal von hinten auf. Schließlich muss vor diesem Hintergrund auch die soziale Komponente des Phänomens Männergrippe berücksichtigt werden. Vorgeblich legen Männer keinen gesteigerten Wert darauf, wie gebildet oder wohlverdienend ihre Partnerin ist. Sondern ihnen ist in erster Linie wichtig wie fürsorglich, warmherzig, humorvoll und nicht zuletzt attraktiv sie ist. Frauen, die diese Eigenschaften im richtigen Mischungsverhältnis besitzen, gelten gemeinhin als Heiratskandidatinnen und Partnerinnen fürs Leben.

Setzen wir voraus, dass dies stimmt. Dann könnten wir doch mal eine gewagte These in den Raum stellen: Vielleicht hat die Natur die Männergrippe in das System eingeschleust, damit die Männer eine wahrhaftige Chance haben die Fürsorglichkeit und Warmherzigkeit ihrer Frau zu testen? Quasi um zu überprüfen ob sie ihn noch liebt und im Ernstfall bereit ist ihn zu pflegen und wieder aufpäppeln. Früher wäre es immerhin eine Schwertverletzung gewesen die sie hätte versorgen müssen!

Weiterhin bietet es den Männern ein Zeitfenster um hemmungslos gebrechlich zu sein ohne sich schämen zu müssen. Schließlich wollen Frauen doch auch, dass Männer mal Schwäche zeigen, oder? Männer sehen bei all ihrer Stärke vielleicht keinen anderen Weg diesem Wunsch nachzukommen und stürzen sich deshalb immer wieder in einen Todeskampf mit den Viren. Kann doch sein? Herbert Grönemeyer sang es immerhin schon 1984 mit Inbrunst: „Männer sind auch Menschen, Männer sind etwas sonderbar“.

So oder so ermöglicht es die Männergrippe beiden Beteiligten ganz zwanglos, sich jeweils von der gewünschten Seite zu zeigen: schwach und warmherzig. Männer und Frauen passen nämlich doch zusammen und ergänzen sich ganz wunderbar. Der Grippe-Dämon fährt also in die Männer, um allerlei Genörgel und Gemecker abzusondern – das sie ihren Frauen sonst niemals an die Stirn klatschen würden! – um schlussendlich die Loyalität und Liebe zu prüfen. Und um Mann und Frau gemeinsam eine Gelegenheit zu bieten, ihre Liebe zu erneuern oder sogar zu verstärken.

Im Übrigen potenziert sich dieser Effekt, wenn der Gesundgepflegte ein kleines Blümchen als Zeichen der Dankbarkeit für die Geduld seiner Frau verabreicht. Am besten in regelmäßigen Dosen. Wir sollten eine akute Männergrippe also vielmehr als Geschenk betrachten, das uns daran erinnert uns um einander zu kümmern und unsere Wertschätzung mal wieder zu zeigen. Wenn man noch bedenkt, dass das Wort „Grippe“ von dem französischen Wort „gripper“, zu Deutsch „ergreifen, packen“ abstammt, also in etwa „Die Ergreifende“ bedeutet, ist die Verwandtschaft mit dem Virus der Liebe geradezu auffallend. Trotzdem wurden bislang Zusammenhänge zwischen Grippe und Liebe wissenschaftlich nicht analysiert. Kaum zu glauben, oder?

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Die Männergrippe mitzuerleben, ist für mich wie meine geliebten Blumen leiden zu sehen - nur etwas amüsanter.

Der Artikel zur Männergrippe war ursprünglich im James Bean – Das Lifestyle-Magazin für Männer erschienen.

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