Der Begrif der Pornokratie lässt erst einmal anderes vermuten, dabei geht er bereits Jahrhunderte in der Geschichte zurück.

Pornokratie: Und ewig lenkt das Weib?

Pornokratie. Was für ein Wort! Und man vermutet gänzlich Anderes hinter diesem Begriff.

Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Und eine Frau wird ihm sagen, was das ist. So heißt es scherzhaft. Doch in jedem Scherz, steckt bekanntermaßen ein Fünkchen Ernst. Das Bild des tückischen Weibs, das ihrem Mann Dinge einflüstert und ihn geschickt lenkt, hält sich bereits seit Jahrhunderten. Ist es nicht mal an der Zeit, die Frau vom Thron der Intriganz zu entlassen?

Eine kurze Erklärung dieses ungewöhnlichen Wortes über das ich schon vor Jahren gestolpert bin: Pornokratie bedeutet so viel wie Huren- oder Mätressen-herrschaft. Es beschreibt die Rolle der Frauen, die im Hintergrund agierten und die Entscheidungen ihrer mächtigen Männer und Liebhaber in ihrem Sinne beeinflussten. Skrupellos, hemmungslos und resolut sind die Attribute die man diesen Frauen gemeinhin zuordnet. Sogar von Gottlosigkeit und Ekstase der Macht wird im gleichen Atemzug gesprochen. Tüchtige Männer handelten als willenlose Werkzeuge ehrgeiziger Frauen. So so. Frauen, die nach Höherem streben oder ihren Söhnen durch „Netzwerken“ auf einflussreiche Positionen verhelfen, werden Hurenherrscherinnen genannt. Zumal es sich nicht um originäre Huren, sondern hochrangige Fürstinnen handelte.

Und wie heißen noch Männer mit der gleichen Beschreibung? Ach ja, richtig. Strategen, Stammes-halter und Eroberer. Starke Eroberer. Ähm, Entschuldigung? Da muss ich mich doch glatt mal schütteln. Natürlich, der Begriff wird geschichtlich dem Papsttum des 10. Jahrhunderts zugeordnet, die Sache ist also schon ein paar Tage her. Und ok, ja da ging es im Vatikan wirklich drunter und drüber. Aber je länger ich darüber nachdenke, umso dringlicher muss ich eine unangenehme Frage stellen: Hat sich an diesem Bild der Frau seither wirklich so viel getan?

Männer und Frauen beeinflussen sich gegenseitig – und das ist gut so

Dass es im Jahr 2012 eine skandalöse Enthüllung war, dass sich der seinerzeit amtierende amerikanische Präsident Obama bei wichtigen politischen Entscheidungen mit seiner Frau Michelle beriet, und sie häufig konträrer Meinung zu seinem Beraterteam war, ist aus meiner Sicht der wirkliche Skandal. Gott bewahre, der Mann fragt seine Frau um ihre Meinung! Habe ich was verpasst, oder ist es nicht selbstverständlich, dass sich Paare, die in einer paritätischen Beziehung leben, gegenseitig um Rat fragen? Wäre es nicht vielmehr stark irritierend, wenn man ausgerechnet die Person mit der man das Leben teilt, zu bedeutenden Themen nicht um ihre Anschauung fragen würde? Insbesondere in beruflichen Dingen?

Man stelle sich vor: Manchmal kann eine konträre Meinung des Partners sogar Anlass sein, den eigenen Standpunkt in Frage zu stellen oder gar zu korrigieren. Somit beeinflusst man sich eben. Und das gilt selbstredend für beide Seiten und ist auch gut so. Warum sollte man sonst Seite an Seite durchs Leben gehen. Das Paar Obama nehme ich hier nur einmal stellvertretend als Beispiel für ähnliche Berichterstattungen über berühmte Politikergattinnen. Karrierebewusst, modisch, gut aussehend oder bewandert, sind nämlich dort gern gewählte beschreibende Attribute. Sie hören den bedrohlichen Unterton? Kommt uns doch irgendwie bekannt vor.

Eine Frau, die von ihrem Mann um Rat gefragt wird, erscheint irgendwie suspekt, gar gefährlich. Wenn nicht sogar vollends verantwortlich für strittige oder fragwürdige Entscheidungen ihres Mannes. Denn wer weiß schon, was sie ihm eingeflüstert hat? „Wer mit dem Weibe aber verkehrt, der ist der Befleckung seines Geistes so ausgesetzt wie jener, der durchs Feuer geht, der Versengung seiner Sohlen“, warnte auch der heilige Franz von Assisi eindringlich und stieß damit ins gleiche Horn wie die Geschichtsschreiber über dieses gewisse peinliche Zeitalter des Papsttums. Oh ha. Wie macht Mann es nun richtig? Lieber Still-schweigen darüber bewahren, dass man tatsächlich mit seiner Frau spricht?

Den eigenen Mann gut da stehen lassen wollen – eben durch den eigenen Einfluss

Zuvor noch eine andere unangenehme Frage: Bilde ich es mir ein, oder schwingt bei all dem ein wenig die Stimmung mit, als sei es für einen Mann peinlich, sich mit seiner Frau zu beraten? Wie ein Makel, eine Schwäche, ein Zeichen von Unfähigkeit? Insbesondere bei Männern in Machtpositionen. Und das darf natürlich nicht sein! Männer sind schließlich keine Menschen. Ach so. Ja, doch. Kommunikation und Gegenseitigkeit sind lebensnotwendig. Ohne Input, kein Output. Und ohne Austausch, kein Input. Also was soll eigentlich dieser völlig überholte Eiertanz darum, wer hier nun wen wie lenkt? Das tun wir nämlich ganz automatisch, wenn wir miteinander kommunizieren. Jeder Ausdruck hinterlässt einen Abdruck. Man nennt es auch zusammen leben.

Stellen wir uns die Obama-Situation einmal anders herum vor. Riesen Enthüllungs-Skandal: Kanzlerin Merkel spricht bei Frühstück mit ihrem Mann (Prof.) über Flüchtlingskrise! Vielleicht stellen wir uns außerdem noch vor, dass er sagt: „Angie, das hast Du gut gemacht. Aber es wäre eventuell noch besser, wenn Du Deinen Kurs ein wenig korrigierst und zwar solltest Du mit den Franzosen…“ Hm. Merken Sie was? Ist irgendwie gar nicht so skandalös. Klingt eher nach einer guten Partnerschaft und einem Mann, der Wert darauf legt, dass seine Frau beruflich eine gute Entscheidung trifft und erfolgreich ist.

Ist es denn auch im Jahr 2017 so schwer vorstellbar, dass eine Frau, die ihrem Mann den gleichen Ratschlag gibt, exakt die gleichen Absichten verfolgt? Nämlich einfach, dass es ihrem Mann gut geht und er gut da steht. Das wünscht man einem Partner den man liebt nämlich.

Und nicht von Macht besessen, ihren eigenen Mann zur Marionette ihrer selbst formt und im Hintergrund eigene Ziele verfolgt. Skrupellos, modisch und karrierebewusst, oder wie war das. Dennoch: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau, die ihm den Rücken stärkt. Und hinter jeder starken Frau, stehen zwei Männer die dies verhindern wollen. Wieder so ein Scherz mit einem gehörigen Fünkchen Wahrheit.

Männer, ihr habt so viel Abwertung doch gar nicht nötig – Wir gehören ohnehin zusammen

Aber zurück zur Frage, wie Mann es nun richtig macht. Männer, ich sag Euch was: Ihr habt es doch gar nicht nötig, uns Frauen durch so bedrohlich klingende Attribute in der Öffentlichkeit klein zu halten und abzuwerten um selbst unfehlbar zu erscheinen. Und uns stattdessen hinter verschlossenen Türen um unseren Rat zu bitten. Nein, das habt ihr nicht nötig. Ihr seid nämlich gut so wie ihr seid – Menschen.

Ich bin kein Fan von diesen Parolen, die Frauen und Männern die einen Eigenschaften absprechen und die anderen Fähigkeiten exklusiv zuschanzen wollen. Multitasking lässt grüßen. Nennen Sie mich eine Romantikerin, aber ich bin überzeugt davon, dass Frauen und Männer nur Hand in Hand am stärksten sind. Nicht nur am stärksten sondern auch am besten. Jeder hat seine Stärken und Schwächen, die sich meist wunderbar ergänzen. Und nur im Austausch miteinander laufen wir zur Höchstform auf.

Wer sich als Mann bei wichtigen Entscheidungen mit seiner Frau berät hat absolut keine Schwäche, keinen Makel und erst recht keine Unfähigkeit. Ganz im Gegenteil. Es zeugt von einer mächtigen Fähigkeit, die in unserem digitalen und entfremdeten Zeitalter wohl so wichtig ist wie nie zuvor: Der Fähigkeit, eine wirkliche Partnerschaft zu führen. Und das sollte Anlass sein, mit stolz geschwellter Brust zu verkünden: „Ja, ich lege Wert auf die Meinung meiner Frau. Und ihr Einfluss auf mich ist gut.“ Natürlich ist er das. Denn wir Frauen wollen nur das Beste für Euch Männer. Und uns zusammen. Also traut Euch zu tun, was ein Mann tun muss. Die Zeit ist reif.

Diese Kolumne über Pornokratie ist im Buch „Liebesmüh im Quadrat“ erschienen, dem ersten Band der dreiteiligen Liebesmüh-Reihe: Gesammelte Essays, Artikel und Kolumnen über die Mühen, die Liebe zu finden und zu binden – und dabei nie den Mut zu verlieren.

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Der Begrif der Pornokratie lässt erst einmal anderes vermuten, dabei geht er bereits Jahrhunderte in der Geschichte zurück.
Pornokratie – ein uralter Begriff mit moderner Bedeutung

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Der Artikel „Pornokratie“ ist ursprünglich im Lifestyle-Magazin für Männer jamesbean erschienen.

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