Ein eigener Küchengarten kann das Kochen und Backen bestenfalls ganzjährig frisch und abwechslungsreich gestalten – aber auch ein gepflegter Drink muss bei all dem Hegen und Pflegen mal drin sein
Eines der ersten Wörter unserer Großen war Abi. Nicht, dass wir ein so strebsamer Akademikerhaushalt wären, welcher der Einjährigen bereits den anzustrebenden Schulabschluss nahe brächte. Nein, es war die bezaubernd-aufgeregte Kombination aus Erdbeere und ab(machen). Schnell hatte sie den Bogen raus, ging in die Hocke, hob die Blätter und rief: „Uuuuhh! Abi, Abi!“ Das Pflücken hat sie dabei schnell selbst übernommen und bis ins Haus haben es die wenigsten Früchte geschafft.
Eine so hinreißende Erinnerung, die nur dadurch getoppt werden konnte, dass sie der kleinen Schwester zwei Jahre später, mit angemessenem Ernst erklärte, dass sie nur die Roten pflücken dürfe. Wobei sie durchaus auch mal beherzt eingriff um eine vorzeitige Ernte zu verhindern. Das gelte auch für die Johannisbeeren sowie Himbeeren und die Igel könne sie gleich hängen lassen, die seien ekelhaft – gemeint waren die Stachelbeeren. Eine richtige kleine Fachfrau haben wir uns da im Küchengarten gezüchtet.
Immerhin hat es nunmehr das ein oder andere Körbchen Ernte bis in die Küche geschafft. Wo es begeistert zu Kuchen, Marmelade, Erbsen- & Möhrengemüse oder Nachtisch verarbeitet wurde. Aber die Vorfreude und Begeisterung beginnen bereits im Frühjahr, wenn die Gartenzwerge helfen dürfen, die Samen für eben jene Erbsen, Möhren, Salat, Kohlrabi und Kapuzinerkresse in die Erde zu bringen. Das intensive Gießen nicht zu vergessen. Gelegentlich trifft das Wasser sogar eine Pflanze. Wenn sie Glück hat, zufällig neben dem dringend zu wässernden Gummistiefel zu sitzen. Pempeln heißt das spielerische Hin-, Her- und Umschütten von Wasser in Nordhessen. Dafür habe ich sogar gleich zwei kleine Fachfrauen an meiner Seite.
Der Küchengarten als Durstlöscher
Natürlich macht die ganze Gartenarbeit auch durstig. Welches Glück, dass man sich auch hierfür im Küchengarten bedienen kann. Im Frühjahr eine Rhabarberschorle zu mixen oder in Herbst und Winter Salbei als Tee aufzubrühen, sind der schmackhafte Lohn für die Mühen in Obst- und Gemüsegarten. Im Sommer ist es einfach herrlich erfrischend, ein paar Blätter Minze abzurupfen und zusammen mit einer Scheibe Zitrone in kaltes Wasser zu geben. Dazu ein paar frische Beeren naschen, herrlich. Direkt vom Strauch schmeckt es eh am besten. Und dann erst die frischen Kräuter an Fisch, Fleisch und Gemüse. Rosmarin, Thymian, Olivenkraut, Currykraut, Liebstöckel, Petersilie, Schnittlauch, Kresse. Hach wie es riecht, wie es schmeckt!
Gibt es eigentlich etwas Leckereres, als selbst gezogenes Gemüse zu ernten, zu würzen und am besten an der frischen Luft zu genießen? Der befriedigende Stolz der eigenhändigen Ernte überträgt sich direkt auf die Zunge. Liebe schmeckt man einfach. Wie ist es sonst zu erklären, dass der beste Kakao der Welt nur von Oma zubereitet werden kann? Und Äpfel die Mama in Schnitze geschnitten hat, so viel besser schmecken als einer, den man sich selbst aus dem Obstkorb genommen hat? Alles ist mit Liebe zubereitet – und im Zweifel mit einem Extra Löffel Zucker.
In der Küche über die Schulter zu schauen, wie all die Leckereien entstehen, ist nicht nur für Knirpse eine spannende Sache. Früher oder später versammelt sich die Mannschaft immer in der Küche, lehnt lässig an Schränken, sitzt am Tisch, plaudert, weiß Rat und nutzt jede mehr oder weniger unbeobachtete Gelegenheit zur vorzeitigen Verkostung. Als ich unsere Küche geplant habe, habe ich hierfür eine Sitzbank unter dem Fenster integriert. Wie selbstverständlich nehmen dort vom ersten Tag an alle Besucher erst einmal Platz, während ich letzte Handgriffe für Essen und Getränke tätige, oder schon mal einen Drink zum Anstoßen reiche. Ich freue mich jedes Mal darüber. So hatte ich mir das vorgestellt. In der Küche findet einfach das Familienleben statt.
Das tägliche Spektakel der Gartenzwerge mit den Erntekörbchen während der Sommer- und Herbstmonate kann man an sich schon getrost als Party bezeichnen. Aber auch bei einer echten Sause für die Großen hat der Garten einiges zu bieten. Neben der luftigen Location, ist es ein besonderer Genuss wenn man Gäste mit seinen eigenen Gärtnererfolgen bewirten kann. „Mmmh, wo hast Du denn diese Tomaten her?“, kann mit einem lässigen „Aus dem Garten“ beantwortet werden. Die mit Feta gefüllte Zucchini ist sowas von Bio, dass man Besucher mit einer gratis Frischzellenkur nach Hause schickt und der knackfrische Salat lässt auch Bratwurstfreunde gerne zwei Mal zulangen.
Wenn man den Prosecco dann noch mit frischen Beeren serviert, hat die Zusammenkunft mal wieder Potential so richtig aus dem Ruder zu laufen. Es schmeckt nicht nur draußen, direkt vom Strauch, sondern auch in guter Gesellschaft am allerbesten. Wenn die Gesellschaft dabei so gut und anregend ist, dass man Freud und Leid, Erfolg und Misserfolg, Glück und Missgeschick gleichermaßen teilen kann, macht das Treffen nicht nur satt, sondern ist echtes Seelenfutter. Das gilt für Speisen und Getränke gleichermaßen.
Der amerikanische Komiker Ron White fand weise Worte: „Ich glaube, wenn dir das Leben Zitronen beschert, dann solltest du Limonade machen und jemanden finden, dem das Leben Wodka beschert hat, um zusammen eine Party feiern zu können.“ Ich gebe es zu. Auch bei der Gartenplanung hatte ich mondäne Gartenpartys im Sinn. Der große Tisch auf der Terrasse steht dort ebenso wenig zufällig wie die Sitzbank in der Küche. Haus und Garten sollten ein gutes Partykarma haben.
Und jetzt wollen wir nicht länger drum herum reden, sondern uns einen frischen Sommerdrink mixen:
- eine Handvoll Kräuter pflücken – Rosmarin, Thymian & Minze
- zwei Eiswürfel in ein Weinglas geben, von jedem Kraut einen kleinen Zweig dazu, mit etwas Zitronensaft beträufeln und eine Scheibe Zitrone hinzugeben
- mit gut gekühltem Weißwein füllen und mit ein wenig Sprudelwasser aufspritzen
Auf den Küchengarten, auf Küchenpartys, auf das Leben!
Diese Kolumne ist im Buch „Liebesmüh mal drei“ erschienen, dem dritten Band der dreiteiligen Liebesmüh-Reihe: Gesammelte Essays, Artikel und Kolumnen über die Mühen, den Alltag mit Liebe zu überstehen – und die Liebe im Alltag nicht zu verlieren.
Erhältlich in jeder Buchhandlung, bei amazon* oder bekannten Online-Büchershops. Sowie hier in meinem Buch- & Gartenshop.
0 comments on “Die besten Partys finden im Küchengarten statt”Add yours →